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Mystery Shopping: Software zur Arbeitsplatzbuchung

Mystery Shopping: Software zur Arbeitsplatzbuchung

Reservierung: Das Handtuch wird digital

Im modernen Flächenbüro, an dem feste Arbeitsplätze die Ausnahme darstellen, kann es zu Chaos kommen: Wer später erscheint, muss unter Umständen herumirren, um einen freien Platz zu finden, und kann sich schließlich nur noch in der Teeküche niederlassen. Mit einer Reservierung vorab lässt sich dem vorbeugen. Dafür ist nicht – wie am Strand – ein Handtuch das Mittel der Wahl, sondern eine spezielle Buchungssoftware. FACTS hat sich einige Lösungen ausgesucht und die Anbieter in einem „Mystery Calling“ befragt, um herauszufinden, wie gut sie Interessenten dazu beraten.

Smart Working, New Work, activity-based Working – viele Begriffe prägen die Arbeitswelt von heute und morgen. Diese hat das Ziel, die altgedienten Zellenbüros abzuschaffen und Raum für kreatives Miteinander zu bereiten. „Smart Worker“ benötigen mehr als nur einen Arbeitsplatz, um ihren Tätigkeiten nachzugehen – kommunikativ im Team, konzentriert allein oder unter vier Augen, auch mal chillend. Und nicht nur das: Spätestens durch die Pandemie ist zudem das Homeoffice hoffähig und technisch tauglich geworden. Der Gesetzgeber tut mit seinem Vorhaben, ein Recht auf Homeoffice einzuräumen, ein Übriges dazu.

All diese Entwicklungen führen dazu, dass Arbeitsplätze zunehmend nicht mehr individuell belegt sind und trotz qualitativem Mehrangebot durch Loungebereiche oder Meetingcorner die Gesamtauslastung sinkt. Von „Desk-Sharing“ ist häufig die Rede, wobei es in der neuen Arbeitswelt gar nicht unbedingt ein Desk sein muss, das sich mehrere Mitarbeiter abwechselnd teilen. Experten meinen sogar, dass in einem Büro ein Großteil der Fläche verzichtbar ist.

Organisation notwendig

Doch wie soll man das organisieren? Gut gemeint ist ja nicht gleich gut gemacht. Da kommen Mitarbeiter morgens ins Büro und finden keinen freien Arbeitsplatz, weil mehr Kollegen als geahnt gekommen sind und alle gerade heute einen Schreibtisch benötigen. Und schon sind findige Anbieter mit Lösungen auf dem Plan. Mit einer Arbeitsplatzbuchungs-Software ist alles möglich: Morgen möchte ich am Vormittag einen Einzelplatz, mich zwischendurch eine Stunde zu ungestörten Telefonaten zurückziehen, mich am Nachmittag mit meinem Team treffen, um ihm die Ergebnisse vorzustellen, und mich anschließend in mein Homeoffice zurückziehen. Ich benötige also für vormittags einen Einzelarbeitsplatz mit Bildschirm und WLAN-Zugang, von 10 bis 11 Uhr möchte ich eine freie Kabine vorfinden, in der ich mich in die Telefonanlage einloggen kann, und nach der Mittagspause möchte ich mein fünfköpfiges Team in einem lauschigen Meeting-Corner versammeln. All diese Arbeitsbereiche kann ich schon am Vortag buchen, die Software zeigt mir die gewünschten, verfügbaren Räumlichkeiten. Wie im Flugzeug oder im Theater sehe ich die freien Plätze, kann mir darüber hinaus Ausstattungsvarianten wie höhenverstellbarer Schreibtisch, WLAN, doppelter Bildschirm oder 4K-Display anzeigen lassen – und wähle den Platz, der mir gefällt.

CHECKLISTE

  • Gibt es offene Schnittstellen, lässt sich beispielsweise Outlook einbinden?
  • Wo werden die Daten gespeichert?
  • Wer kann sehen oder sogar kontrollieren, wer sich wann und wo befindet?
  • Welche Auswertungsmöglichkeiten gibt es?
  • Ist eine App vorhanden, um auch von unterwegs Buchungen vornehmen zu können?
  • Wird nur über den Browser „getrackt“ oder werden spezielle Sensoren installiert?
  • Ist die Lösung modular aufgebaut oder ist sie als Komplettpaket erhältlich?
  • Wird nach Nutzern/Plätzen abgerechnet?
  • Wie hoch sind Einrichtungs- und Supportkosten?
  • Wie ist die Laufzeit des Vertrags?

Lösungen mit teils großen Unterschieden am Markt

Dafür werden, nachdem man sich für einen Anbieter einer solchen Lösung entschieden hat, anhand von Grundrissen digitale Raumpläne erstellt, mit Plätzen versehen und diese wiederum mit Ausstattungsdetails weiter aufgewertet. Neben dieser Basis, die der Buchung über einen Browser oder eine App dient, kommen weitere Funktionen hinzu – und hierin unterscheiden sich die Lösungen voneinander. Es gibt ganz einfache, die für kleinere Unternehmen sicher ausreichend sind. Breiter aufgestellte können auch Parkplätze verwalten, die Auslastung auswerten oder in einem zentralen Schaubild auf einem großen Display für alle beziehungsweise im eigenen Browser anzeigen, wo ein bestimmter Kollege gerade sitzt. Die komplexen Lösungen bieten meist Präsenzsensoren für ausgefeilte Analysen und Kontrollen, dazu offene Schnittstellen zu verschiedenen Programmen, die ein Unternehmen im Einsatz hat – zum E-Mail-Programm, dem Kalender, dem Videokonferenzsystem und anderen.

Bedarf, Unternehmensgröße und Budget

Damit nicht jemand seinen Lieblingsplatz für das ganze Jahr bucht, ihn aber nur sporadisch nutzt, oder jemand beispielsweise im Krankheitsfall vergisst, seinen gebuchten Platz wieder freizugeben, sind verschiedene Vorkehrungen vorgesehen. Etwa durch einen notwendigen Check-in, bei dessen Ausbleiben die Buchung verfällt – wer im Stau stecken bleibt, kann dem durch Einchecken in Abwesenheit über eine (Web-)App vorbeugen. In Verbindung mit Sensoren, die unter dem Tisch angebracht sind, erledigen sich solche Aktivitäten von selbst.

Manche Anbieter haben im Zuge der Pandemie auf die Anforderungen an den Abstand reagiert und die Möglichkeit eingebracht, dass nach einer Buchung die benachbarten Plätze nicht mehr verfügbar sind.

Die richtige Wahl für eine Lösung hängt vom Bedarf, von der Unternehmensgröße und nicht zuletzt vom Budget ab. Wer MS Teams nutzt, kann durchaus eine schlankere Lösung wählen, da das Microsoft-Tool bereits verschiedene Features bereitstellt, die deshalb in der Buchungssoftware verzichtbar sind – zum Beispiel einen Kollegen finden, anzeigen, wer gerade im Homeoffice oder bei einem Auswärtstermin ist, oder Einladungen zu Meetings verschicken.

Beratung am Telefon geprüft

Weil die Anbieter ihre Lösungen auf den Internetseiten in den höchsten Tönen loben, aber kaum konkrete Informationen, geschweige denn einen Preis veröffentlichen, hat FACTS im Rahmen eines Mystery Callings sechs von ihnen angerufen und sich beraten lassen. Um auch Preisangaben zu erhalten, war es vorteilhaft, ein Kaufinteresse vorzugeben und eine für den Anbieter interessante Anzahl an Mitarbeitern zu nennen.
FACTS hats sich dafür folgendes Szenario überlegt: Gearbeitet wird in einem Flächenbüro mit unterschiedlichen Arbeitsbereichen, darunter Schreibtischarbeitsplätze, Rückzugsorte mit Kabinen, mehrere Loungeecken, ein Konferenzraum sowie eine Pausenecke mit unterschiedlichen Sitzmöglichkeiten. Einschließlich den ausgewiesen temporär nutzbaren Bereichen sind Plätze für 100 Mitarbeiter vorhanden, die Plätze sollen aktuell allerdings zu maximal 50 Prozent belegt sein.
Das Ziel der Anrufe war, die Beratungsleistung zu ermitteln: Beantworten die Anbieter alle Fragen, auch zu Speicherort der Daten und ihrem Schutz? Sind sie aufgeschlossen und gehen auf die Kundenwünsche ein – oder versuchen sie eher, etwas zu verkaufen, das ihnen mehr nutzt als dem Kunden?

Vorweg sei gesagt: Einfach „einkaufen“ ist nicht möglich. Alle Anbieter stellen ein Formular zur Kontaktaufnahme auf der Website bereit, nur wenige eine Telefonnummer für eine direkte, persönliche Kontaktaufnahme. Es war allerdings kein Problem, die Telefonnummer aus dem Impressum zu nutzen.
Mann mit Sonnenbrille

Info

Bei den Mystery Callings hat FACTS nicht die Arbeitsplatzbuchungssoftware selbst getestet, sondern ausschließlich die Beratungsleistung anhand von vordefinierten Fragen an einem Berater geprüft. Die Bewertung der Telefonate und des damit verbundenen Service basiert je Anbieter auf einem Gespräch mit einem Ansprechpartner und ist daher nicht als repräsentativ auf das gesamte Unternehmen zu übertragen. Dasselbe Gespräch hätte mit einem anderen Telefonpartner auch ganz anders laufen können – und zwar in positiver oder negativer Hinsicht …
Die jeweiligen Buchungslösungen selbst wird FACTS im Laufe des Jahres genauer unter die Lupe nehmen.

Erreichbarkeit und Informationen

Ob der aktuellen Pandemie geschuldet oder einfach nur einem kleinen Team, das nicht jederzeit zu erreichen ist: Beispielsweise bei Condeco brauchte es fünf Anläufe an verschiedenen Tagen, bis schließlich jemand ans Telefon ging und für eine Beratung zur Verfügung stand. Etwas mühsam – und hätte die FACTS-Redaktion keinen Test durchgeführt, hätte sie vermutlich nach dem dritten Versuch aufgegeben und sich auf andere Anbieter konzentriert. Umso positiver fiel anschließend das Gespräch selbst aus: Die Ansprechpartnerin hat in einer sehr angenehmen, lockeren Unterhaltung alle Fragen so detailliert wie von den Testern erwartet beantwortet und sogar einige interessante Zusatzinformationen genannt, wie beispielsweise die Laufzeit für die Nutzung der Lösung. Diesen Hinweis gab es ansonsten nur noch von Sedus, ohne dass nachgefragt werden musste.

Keine Frage: Alle Berater waren ausnahmslos freundlich am Telefon – doch schnell zeigte sich im Vergleich, dass der eine oder andere doch stärker auf die Fragen einging und darüber hinaus nicht mit Erläuterungen knauserte (wie Banauten, Condeco, Roomz und Vysoft), während sich andere leider nur sehr knapp hielten, wie König+Neurath und Sedus: Hier und da kam als Antwort: „Oh, das habe ich gerade nicht im Kopf“ oder „Schauen Sie dazu gerne noch auf unserer Homepage nach weiteren Informationen.“ Das wurde natürlich gemacht (die Tabelle oben zeigt die wichtigsten Angaben aus den Gesprächen, ergänzt um Informationen von der Homepage), allerdings war dies ja nicht Sinn der Anrufe.

Fast ausnahmslos wollten die Berater an persönliche Daten kommen – nett verpackt als Wunsch, noch weiteres Material zuzusenden oder einen Testzugang einzurichten. Da es ein „Mystery Calling“ war und FACTS natürlich undercover bleiben wollte, verrieten wir lediglich, dass wir eine Verlagsgemeinschaft in Essen sind und uns nach Analyse der Daten gerne zurückmelden.
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Die Frage nach dem Preis

Auch die Nennung der Kosten für die jeweilige Lösung war so eine Sache: Während vier Berater bereitwillig Auskunft erteilten, wollten König+Neurath und Sedus keine Angaben machen, unter anderem mit der Begründung, dass sich der Preis nach den Anforderungen an die Lösung richte und somit sehr individuell sei. Schade, wir hatten wenigstens einen groben Richtwert erwartet, beispielsweise wie teuer ein Nutzer oder ein Platz in der Lösung sein würde und ob es Einrichtungskosten gibt. So sind wir in jedem Fall darauf angewiesen, nun doch unsere Kontaktdaten preiszugeben und einen weiteren Termin mit dem Ansprechpartner für ein konkretes Angebot auszumachen.

Unterschiede bei den Lösungen

Beim Betrachten der Lösungen selbst sind folgende Unterschiede besonders ins Auge gefallen: Bei Condeco und Flexopus handelt es sich um Komplettlösungen, während die anderen Lösungen Module bereitstellen, von denen man bucht, was man benötigt – das geht hin bis zu Präsenzsensoren, die unter dem Schreibtisch angebracht werden und unter anderem überwachen, ob der gebuchte Platz tatsächlich genutzt wird.

Ebenso gibt es bei Schnittstellen zu bereits genutzten Systemen unterschiedliche Ansätze. Während Vysoft DSM die Nutzung von Office 365 und Sharepoint voraussetzt und andere Softwares eine Verbindung zu Outlook und weiteren Anwendungen herstellen, verzichtet Flexopus bewusst auf offene Schnittstellen, da sie laut Angaben des Beraters wartungsintensiv und kostenaufwendig sind und daher davon abgeraten wird.

Daten speichern und auswerten

Zum Thema Sicherheit der Lösung fielen die meisten Antworten ähnlich aus: Offensichtlich legen die Anbieter Wert darauf, dass Daten im europäischen Raum, im Inland oder sogar im eigenen Haus gespeichert werden. Zum Datenschutz wird mit den Kunden ein sogenannter Auftragsdatenverarbeitungsvertrag abgeschlossen, der beinhaltet, wie lange und wie personalisiert die Daten gespeichert werden. Im Sinne des Infektionsschutzes empfehlen Banauten und Vysoft, die Daten für etwa zwei Wochen personenbezogen vorzuhalten und anschließend zu anonymisieren oder zu löschen. Im Sinne der DSGVO ist eine personenbezogene Reservierung eher unspektakulär. Kritisch ist nur das Speichern dieser Daten, weshalb eine Anonymisierung zu empfehlen ist.

Um die Daten auszuwerten, gibt es mehrere Möglichkeiten und ein Unternehmen kann weitgehend selbst entscheiden, ob es nur die Auslastung der Arbeitsplätze ermitteln oder auch die Anwesenheit der Mitarbeiter kontrollieren möchte. Die Auslastungsbetrachtung hat das Ziel, künftig besser zu planen: Ist genügend Platz für den neuen Azubi-Stab vorhanden? Kommen wir – wo die Miete schon wieder erhöht wird – vielleicht mit weniger Fläche zurecht? Und wo muss besonders gründlich gereinigt und desinfiziert werden, da entsprechende Plätze besonders beliebt und oft genutzt werden?

Die Kosten richten sich natürlich nach der Komplexität der Lösungen beziehungsweise der eingesetzten Module. Grundsätzlich wird ein drei- bis vierstelliger Obolus für die Einrichtung der unternehmensspezifischen Räumlichkeiten auf die interaktiven Pläne erhoben (siehe Tabelle/PDF oben). Die laufenden Kosten richten sich entweder nach der Zahl der Nutzer oder der verfügbaren Arbeitsplätze; Wartung, Updates und Support sind darin enthalten. Analysen, Präsenzsensoren und weitere Sonderfunktionen/-ausstattung werden hingegen extra berechnet. 

Anja Knies / Anna Köster

FAZIT

Es ist wie im wahren Leben: Die einen sind eher verschlossen, die anderen sprudeln mit Informationen nur so heraus. So konnten im FACTS-Mystery-Calling zwar viele Erkenntnisse gewonnen werden, jedoch blieben die einen oder anderen Informationen, die die Redakteure brennend interessiert hätten, leider im Verborgenen. Wie beispielsweise der Preis: Schade, dass es von Sedus und König+Neurath nicht einmal einen groben Anhaltspunkt gab, in welchem Preissegment man sich bewegt.

Durch das Mystery Calling ist recht schnell klar geworden: Unternehmen sollten sich vorab sehr gründliche Gedanken machen, was sie wollen und welche Funktionen sie wirklich benötigen – die teilweise modularen Lösungen bieten nämlich so viele Optionen, die einen dazu verleiten könnten, mehr zu „kaufen“, als man möchte – und das wiederum spiegelt sich im Preis wider und kann Arbeitsplatzbuchung für den Nutzer am Ende komplexer gestalten.
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