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Wirtschaftskriminalität: Die Gefahr aus den eigenen Reihen
Von schwarzen Schafen und weißen Westen
So verursacht Wirtschaftskriminalität in Deutschland Jahr für Jahr hohe Schäden. Laut dem Bericht „Wirtschaftskriminalität – Bundeslagebild 2021“ des Bundeskriminalamts (BKA) ist die Anzahl der in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) erfassten Fälle von Wirtschaftskriminalität im Jahr 2021 um 4,2 Prozent gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahr hat die Begehung von Wirtschaftsstraftaten unter Verwendung des Tatmittels Internet um 13,6 Prozent zugenommen. Der überwiegende Teil dieser Fälle betraf den Deliktsbereich Betrug (83,3 Prozent). Diese Entwicklung steht im Kontext eines generellen Anstiegs aller Straftaten unter Nutzung des Tatmittels Internet im Berichtsjahr um 19,7 Prozent.
Der im Jahr 2021 durch Wirtschaftskriminalität verursachte finanzielle Schaden war für 27,4 Prozent des in der PKS ausgewiesenen Gesamtschadens (8,920 Milliarden Euro) verantwortlich. Die Daten in der PKS können das tatsächliche Ausmaß der Wirtschaftskriminalität jedoch nur eingeschränkt wiedergeben. Dies liegt zum einen daran, dass in den polizeilichen Statistiken solche Wirtschaftsstraftaten nicht erfasst sind, die von Staatsanwaltschaften oder von Finanzbehörden unmittelbar und ohne Beteiligung der Polizei bearbeitet wurden wie beispielsweise Arbeitsdelikte und Subventionsbetrug. Zum anderen ist im Hinblick auf die Interessenlage der Opfer wie etwa bei Anlage von Schwarzgeldern oder Befürchten eines Imageverlusts von einem in Teilbereichen gering ausgeprägten Anzeigeverhalten und damit verbunden von einem großen Dunkelfeld auszugehen.
Immaterielle Schäden
Wer sind die Täter?
Doch wer sind die Täter und was sind ihre Motive? Was bewegt Menschen dazu, der eigenen Firma untreu zu werden und kriminelle Energie zu entwickeln? Glaubt man der Rechtsprechung, geht von neu eingestellten Mitarbeitern eine besondere Gefahr aus. Solche, die sich jahrelang absolut loyal und zuverlässig gezeigt haben, verdienten Vertrauen. Dies täten auch hoch qualifizierte und in der Unternehmenshierarchie hoch angesiedelte Mitarbeiter.

Mangelnde Sanktionierung
Und wer nicht ungestraft bleibt, wird zumindest mit einem anderen Maß gemessen. „Wirtschaftsstraftäter werden milder bestraft als andere Kriminelle“: Diese Vermutung äußerte Dieter Temming, Vorsitzender Richter am Landgericht Osnabrück, bereits 2012 auf einer Tagung der Wirtschaftsstrafrechtlichen Vereinigung in Frankfurt – betrachte man die Fälle, die an die Öffentlichkeit gelangen, sollte diese Behauptung auch zehn Jahre danach noch Gültigkeit besitzen. Die FAZ gab damals die Aussage des Richters wieder, dass die entsprechenden Daten zwar nicht wirklich belastbar seien – wenngleich die Strafverfolgungsstatistik des Statistischen Bundesamts zeige, dass solche Ermittlungsverfahren häufiger eingestellt würden. Auch würden dort weniger Freiheits-, aber mehr Bewährungsstrafen verhängt. Doch die „gefühlte Annahme“, dass das Wirtschafts- und Steuerstrafrecht ein „soft law“ sei, werde durch konkrete Fälle gefestigt.

Reaktion statt Prävention

Strenge Regeln reichen nicht
Schließlich ist es das Management, das die Regeln setzt. Durch sein Handeln und seine Vorgaben – nur dadurch – bestimmt es die Unternehmenswerte. Alle Sonntagsreden, Absichtserklärungen und andere Lippenbekenntnisse helfen definitiv nicht.
Graziella Mimic